Das Elbenbuch

TEIL EINS: Die Reise Von Bofur Dem Zwergen

Leise rüttelte der Wind am Fenster. Der Regen fiel sanft auf das strohbedeckte Dach, um in großen Tropfen auf den sandigen Waldboden zu fallen. Die Bäume rauschten, fast wie die Brandung des Meeres an einem einsamen Strand irgendwo da draußen in der Finsternis.
Bofur schlief fest und seine Zehen bewegten sich leise im Schlaf. Er träumte etwas schönens, denn sein Gesicht, daß sonst so angespannt und faltig dreinschaute war ganz friedlich. Fast lächelte er. In seinem Traum lief er über einen Berghang. Vereinzelte Garn-Bäume wuchsen hier und ein kristallklarer Bach entsprang den kalten Felsen. Ja, er war wieder zuhause, auf dem Ered Nimrais. Und der Bach würde bald ein breiter Fluß werden, den die Elben Lefnui nannten. Der kalte Gebirgswind blies ihm um die Nase und er fühlte sich so wohl und frei wie selten.
So schlief Bofur also friedlich, als ein leises Klopfen an der Tür begann. Bofur drehte sich im Schlaf, noch zu müde um irgend etwas zu bemerken. Das Klopfen wurde schnell leiser und bald war nur noch ein schwaches Kratzen und dann gar nichts mehr zu hören. Bofur träumte weiter.
Der Morgen war heiter und der Wind hatte die letzten Regenwolken vom Himmel geblasen und so schien die Sonne durch das Fenster an der Hütte im Wald. Bofur wachte auf und fuhr sich durch die zerzausten Haare. Ganz und garnicht ausgeschlafen krabbelte er aus seinem mollig warmen Bett um sich zu waschen. Er holte eine große Schüssel aus dem Schrank, der in der Ecke stand, um ihn mit eiskalten Wasser aus dem Brunnen draussen zu füllen. Doch als er die Tür aufschloss und sie öffnete fiel ihm ein Körper entgegen. Man könnte eher sagen, er rutschte herein da er halb sitzend, halb liegend an der Tür lehnte. Bofur setzte die Schüssel ab und beugte sich über den Fremden. Es war ein Elb. Ziemlich zerkratzt und heruntergekommen, aber unschwer ersichtlich ein Elb. Da lag er nun und rührte sich nicht. Auch leichte Klapse auf die Wangen änderten nichts an seinem Zustand. Bofur kratzte sich seinen Bart. Dann schleifte er den Elben, der eiskalt war und sich etwas versteift hatte, erst einmal in die Hütte aufs Bett. Dabei fiel ein kleines Buch aus den Händen des Elben. Als der Elb gebettet war, legte Bofur das Buch auf sein Nachttischchen. Dann holte er Wasser um es dem Fremden einzuflößen. Und erst jetzt bemerkte er, daß der Elb tot war. Leicht grünlich waren seine Lippen und lächelnd war er gewiß nicht gestorben. Seine Hände waren zerschunden, wie als hätte er mit ihnen im Sand wild gegraben. Seine Kleidung war sehr abgetragen und zerschlissen und er sah garnicht so fürstlich Elbisch aus, wie man sonst dieses Volk zuweilen sah.
Nein. Dieser Elb sah eher heruntergekommen aus. Auch trug er ein Schwert, was Elben heute selten zu tun pflegten. Bofur ließ sich auf seinen Schemel neben dem Bett fallen und grübelte. Warum war dieser Elb zu ihm gekommen? Das konnte er sich garnicht erklären. Vor allem da er mit Elben nie zu tun hatte. Ja, er vermied es sogar, da er dieses leichtlebige Volk nicht sehr schätzte. Und sowieso gab es ja den alten Groll zwischen Zwergen und Elben, der sich seit Gimli und Legolas oder dem Zwergenvolk vom Erebor und den Waldelben nicht stark gebessert hatte. So saß also Bofur da und dachte nach. Dann kam er zu dem Schluß, daß der Elb verschwinden mußte. Also grub er ein tiefes Loch im Garten und warf den Elben hinein. Als Bofur es zugeschaufelt hatte und verschwitzt wieder in die Hütte gehen wollte, stand jemand vor dem Fenster und spähte in die Hütte hinein.
"He!", rief Bofur, und die Gestalt drehte sich hastig um. Es war ein finsterer Geselle der in schwarze Lumpen gehüllt war. Sein Gesicht war von einer Kapuze verborgen. Nur seine Augen konnte man bläulich schimmern sehen.
Bofur ging etwas verunsichert auf den Fremden zu. "Was gibts, Fremder!", sagte Bofur. Der Fremde zischte ihn an. Dann krächtzte er: "Elb, wo ist Elb, zsch, zsch." Bofur lief es kalt den Rücken herunter und seine Nackenhaare stellten sich auf. Irgend etwas gefiel ihm ganz und garnicht, wie dieser Schwarze da vor ihm stand und zischelte. "Ich weiß nicht was Ihr meint!", brachte er heraus, "Es ist mir auch egal! Los, verschwindet."
Der Fremde drehte sich auf dem Absatz um und verschwand im Wald. Bofur stand entgeistert da und starrte ihm nach. Dann ging er in die Hütte und gönnte sich auf den Schreck erst einmal einen kräftigen Schluck Met. Nach dem vierten Becher war der Elb, der schwarze Fremde und die Geschehnisse des Morgens vergessen. Als Bofur dann den Tisch abräumte und das Bett herrichtete entdeckte er wieder das kleine Buch, das der Elbe bei sich hatte. Es lag immer noch auf dem Nachttisch. Bofur betrachtete es sich jetzt genauer. Es war in dickes, rotes Leder eingebunden. Und auf seinem Umschlag war in den Buchstaben von Westernis etwas geschrieben. "MOR ET NAR ET NEN. ORN ET OROT. AI ILUVATAR. AI GORGOROTH.", las er.
Das war zweifelsohne Elbensprache. Interessiert schlug Bofur das Buch auf. Aber der Rest war in Elbenrunen geschrieben, die er nie gelernt hatte. Es war sehr alt. Das konnte man sehen, denn die Elben schrieben schon lange nicht mehr in dieser Art Runen. Die Neugierde packte den alten Zwerg und er beschloss Radagast, den Weißen, um Rat zu fragen. Radagast schuldete ihm sowieso noch einen Gefallen aus alter Zeit. Bruchtal lag nur drei Tagesreisen entfernt und Bofur wollte den alten Radag schon lange einmal wieder besuchen.So machte er sich also aus seiner Hütte in Rhu Daur, den Trollhöhen auf, nach Imladris. Das Wetter war angenehm und es machte ihm Freude einmal wieder so richtig zu wandern, sich im Schatten eines Baumes ins Gras sinken zu lassen und den Met zu genießen. Bald erreichte er das verborgene Tal in dem sich Elronds Haus befand. Elrond vermachte das Anwesen Radagast dem Braunen als er mit seinen Anhängern zu den Grauen Anfurten zog um Mittelerde für immer zu verlassen. Radagast wurde bald Leiter des Rats und so wurde er zu Radagast dem Weißen. Denn klug und weise war sein Rat, gerecht und hart war sein Urteil. Doch freundlich und schön war das Leben in Bruchtal, ganz so als wäre Elrond nie gegangen. Schon erreichte Bofur die erste Pforte und fand sie unbewacht. Wer sollte sie auch in diesen friedlichen Zeiten schon bewachen? Doch am Eingang fand Bofur zwei Elben die ihn mißtrauisch musterten.
"Hoi, hoi!", rief Bofur ihnen freudig zu, obwohl es Elben waren, aber er freute sich schon so sehr auf die reich gedeckte Tafel in Elronds Haus, daß er dies vergaß. Doch die Elben waren nicht so freudig. Sie versperrten ihm den Weg und fragten nach seinem Namen und seinem Anliegen. Da bedauerte Bofur schon, daß er seine Axt zuhause gelassen hatte. Er hatte große Lust ein paar Elbenscheitel zu stutzen. "Ich bin Bofur, Bofirs Sohn, der Sohn von Bombur!", rief er erzürnt. "Ich bin ein guter Freund von Radagast! Und den will ich besuchen!", das sagte er schon hitzig. Doch die Elben ließen sich von seinem Zwergenspecktakel nicht beeindrucken. Sie tuschelten vielmehr in ihrer Elbensprache, was Bofur nahezu zum Platzen brachte. Mit roten Kopf schrie er laut: " Ich bin ein anständiger Zwerg und lasse mich nicht von dahergelaufenen Wegelagerern belästigen!!" Verständnislos betrachteten die Elben den tobenden Zwerg und konnten sich ein Grinsen nicht verkneifen. Doch da kam ein alter gebeugter Mann, auf einen Stock gestützt, aus dem Tor. Seine langen weißen Haare und seine silberner Bart waren zerzaust. Er trug eine lange blaue Robe mit goldenen Stickereien. Er schien etwas böse dreinzuschauen, doch als er Bofur erkannte hellte sich sein Gesicht etwas auf. "Ahh, Bofur!", sagte er freudig. "Tretet doch näher." Und die Elben machten ihm Platz. Bofur folgte Radagast ins Innere des Hauses. Dann sagte er: "He Radag, seit wann trägst du denn diesen blauen Umhang? Ich dachte immer Weiß wäre deine Farbe." Radagast drehte sich beim Laufen etwas um und sagte trocken: "Ja, Weiß ist auch meine Farbe, aber das, was ich gerade trage ist mein Schlafgewand, schließlich hast du mich mit deinem höllen Lärm aus meinem schönen Mittagsschlaf geweckt! Aber was führt dich zu mir?" Radagast ging eine lange Treppe hinauf, Bofur folgte ihm. Dann gelangten sie in die Halle des Feuers, die völlig leer zu diesem Zeitpunkt war. Sie machten es sich vor dem Kamin gemütlich und packten ihre Pfeifen aus. Dann sprach Bofur von den Vorfällen der letzten Zeit, dem schwarzen Fremden und dem Buch. Letzteres betrachtete sich Radagast genau. Nach geraumer Zeit der Studie des Buches sah er besorgt auf. "Was wir hier haben ist die Bibel des Hexenmeisters von Angband", sagte Radagast mit ernster Stimme. "Sie enthält die Schöpfungsgeschichte des Eru, des Großen, des Einen. Und sie enthält, wie man diese Schöpfung wieder Rückgängig machen kann. Wieso sie gerade in Elbenrunen abgefaßt ist, kann ich mir allerdings nicht erklären!"
Bofur zog lange an seiner Pfeife und ließ große Ringe aufsteigen. Dann sagte er: "Gibt es noch mehr davon?" "Nein! Ich glaube es ist das einzige Exemplar, und es wurde nicht vom Dunklen Herrscher selbst geschrieben, denn er verabscheut alles Elbische, außerdem würde seine Hand das Pergament verbrannt haben, wenn er ihm zu nahe käme", flüsterte der Zauberer mit heiserer Stimme. "Wir müssen sofort den Rat einberufen, Bofur, sofort müssen wir das."
Damit sprang Radagast von einer neuen Kraft gepackt auf und rannte zum Ausgang hinaus. Bofur saß alleine im dunklen Zimmer und das Feuer ließ Schatten auf seinem nachdenklichen Gesicht tanzen. Dann klopfte er seine Pfeife am Kamin aus, stand auf und brummte in seinen Bart: "Scheiß Elben!"
Der Rat war schnell einberufen, schließlich bestand er ja nur aus nunmehr drei Mitgliedern. Nämlich aus Radagast, dann dem Elben-fürst Halfindel und der Hobbitfrau Elanor, die es für einen Hobbit zu viel Weisheit gebracht hatte. Aber schließlich war sie ja die Tochter des berühmten Sam Gamdschie, des alten Bürgermeisters von Groß-Hobbingen und Unter-Beutlinshausen. Leider hatte sie das Pech das Aussehen ihres Vaters zu erben. Somit war sie also nicht sonderlich ansehnlich. Aber das ist eine andere Geschichte und ich glaube, daß sie niemand hören will.
Also der Rat war versammelt und dafür, daß so wenige Personen anwesend waren herrschte dennoch ein enormer Lärm. Radagast parlamentierte mit Halfindel, und Elanor schrie ab und zu ein Kommentar dazwischen. Dann kam Bofur herein, kratzte sich am Kopf, ließ sich in einen tiefen Sessel fallen und ärgerte sich, daß er mit seinen Nachrichten nicht bis nach dem Essen gewartet hatte. Aber dann lauschte er doch der Diskussion. Der Rat war gerade dabei über das Buch zu debatieren. Wobei sonst? "Unmöglich, unmöglich!!", sagte Halfindel gerade gereizt zu Radagast. "Kein Elbe würde so etwas verfassen, noch aufschreiben. Eher würde ich es den verräterischen Zwergen zutrauen." Bofur schaute sich nach etwas Schwerem im Raume um, was er dann auf dem Kopf des Elben kaputthauen könnte. "Schließlich haben diese Zwerge uns bestohlen, dieses miese Volk", führte Halfindel weiter aus. Bofur überlegte sich ob er jetzt wirklich den letzten Elbenfürst auf Mittelerde auslöschen sollte. Noch bevor der Elb Luft holen konnte, um weiter die Zwerge in den Schmutz zu treten, hing aber ein Anhänger dieses Volks an seiner Kehle. Nämlich Bofur. Mit knallrotem Kopf schrie dieser: "Schnauze du halbwarme Elbenschwuchtel mit deinem gepuderten Warzengesicht!" Dann spürte er etwas ungemein hartes seinen Kopf treffen und er sackte zusammen. Elanor hielt noch den abgebrochenen Stiel einer Fackel in der Hand und sagte: "Früher hielten die auch mehr aus."
Mit brummendem Schädel wachte Bofur auf. Das besorgte Gesicht Radagasts beugte sich über ihn. "Ahh, da ist er ja wieder", stieß er freudig hervor. Bofur stand stöhnend auf, setzte sich wieder auf seinen Stuhl und brummelte zwergische Verwünschungen in seinen Bart. Mit einem hämischen Grinsen musterte Halfindel den armen Bofur. Radagast sagte mit dem Rücken zum Fenster: "Also werden wir ausziehen um dieses Buch zu vernichten. So wie damals die Gemeinschaft der Neun auszog." Er rang sich die Hände. "Nur daß wir nicht zu neunt sein werden! Als Vertreter der Elben wird Halfindel mitgehen." Das Grinsen des Elben machte einem entsetzten, verblüfften Ausdruck platz. "Dann Elanor, als Vertreterin des kleinen Volks. Und du Bofur, gehst für das Zwergenvolk mit. Einen Menschen, der die Qualitäten des guten Herrn Elbenstein in sich birgt, kenne ich nicht, aber Kandron, unser Koch, wird es wohl auch tun müssen." Elanor platze in heftiges Lachen aus.
Mit einem bösen Blick fuhr der alte Zauberer fort: "Und zuguter letzt werde ich mitgehen. Schließlich sitze ich hier schon eine Ewigkeit herum und meine Zauber rosten allmählich ein."
Am Abend saßen Bofur und Radagast wieder alleine in der Halle des Feuers und genossen eine Pfeife. Bofur musterte den Zauberer, wie er fröhlich in seinem hohen Sessel saß und zufrieden ein paar große Rauchringe durch die Luft tanzen ließ. "Sag mal Radag", sprach Bofur besorgt, "glaubst du, du hast das Richtige getan?" "Selbstverständlich Bof. Das Buch muß vernichtet werden." "Ich meine ob die Zusammenstellung der Gruppe richtig war, meine ich!" Radagast hob eine Augenbraue. "Ja, ja. Ich weiß. Die Gruppe strotzt nicht vor Helden, aber wen hätte ich den Auftrag sonst erledigen lassen können?" Bofur starrte zu Boden. "Ich hätte gerne meine Axt hier. Dann wäre die erste Heldentat schnell vollbracht." Radagst setzte sich auf. "Was denn ? Was wills du tun?" Bofur legte sich die Fäuste an die Ohren, hielt die Zeigefinger nach oben und hüstelte geschwollen. "Hm, hm, ich heisse Halfindel und ich kann nichts dafür." Radagast musste lächeln: "Aber, aber Bofur, alter Freund. Du wirst dich an ihn gewöhnen. Elben sind nunmal etwas anders als Zwerge." Wieder starrte Bofur nachdenklich zu Boden. Dann zog er eine Grimasse, schob die Zähne hervor und lispelte übertrieben "Und wass isst mit der wunderssönen, haarfüssigen Elanor?" Radagast lachte. "Welchen Hobbit willst du sonst mitnehmen?" "Garkeinen", brummte Bofur, "ich hoffe nur daß dieser, wie hieß er noch gleich, Kandron? etwas auf dem Kasten hat!" "Er ist ein ausgezeichneter Koch." Bofur griff sich an den Kopf. "Mein Gott."
"Oh mein Gott", entwich es Bofur. Die Gruppe hatte sich im Hof versammelt und Kandron war zum siebenten Mal von seinem störrischen Maultier gefallen. Verzweifelt sah Bofur zu Radagast. "Können wir nicht auf ihn verzichten, Radag?" "Nein", sagte der Zauberer eisern. Halfindel saß herrisch auf seiner schneeweißen Stute und betrachte hochmütig den achten Versuch Kandrons seinen Esel zu besteigen. Elanor lungerte in der Ecke und stopfte sich den letzten Rest des Frühstückkuchens in den Mund. Schließlich hatte es der tapfere Kandron doch noch geschafft sein Reittier zu besteigen und Elanor war satt. Also ritten die Helden die Straße von Bruchtal entlang, stets bedacht einen gebührenden Abstand voneinander einzuhalten. Radagast führte die Gruppe an und machte sich ständig Gedanken darum, wohin sie das Buch nun eigentlich bringen sollten. Bofur ärgerte sich pausenlos über das Fehlen seiner Axt und Elanor hatte schon wieder Hunger. Der Koch führte seinen einsamen Kampf mit seinem Muli und Halfindel kämmte sich die Haare. So war also jeder irgendwie beschäftigt und so bemerkten sie auch nicht die Gestalt, die heimlich hinter ihnen herschlich. Zu allem Überfluß hörte der Elbe auch noch auf sich zu kämmen und begann von der Alten Zeit zu singen. Das Lied von Luthien und Beren so zu verschandeln hätte in der Alten Zeit den Elben sicherlich den Kopf gekostet. Aber zum Glück sang er es ja nur zweimal. So folgten sie dem Lauf des Bruinen und gegen Abend legten sie erste Rast ein. Kandron hatte nun endlich die Chance seine wahren Qualitäten zu beweisen. Und in der Tat. Die belegten Brötchen waren sogar schmackhaft. Bofur beruhigte seine angespannten Nerven mit Met. Dann erhob Radagast das Wort. "Meine Freunde! Nun da wir einige Zeit unterwegs sind und die meisten sich schon nach dem warmen Herd zuhause sehnen, will ich euch das Ziel der Reise offenbaren. Wir werden nach Isengard gehen um dort das Buch zu vernichten. Denn jetzt erst ist mir klar geworden wer dieses unheilvolle Buch schrieb. Es war kein anderer als der verräterische Saruman." Mit einem triumphierenden Gesicht musterte Radagast die Gemeinschaft der Fünf. "Ruht euch also aus. Und gute Nacht." Dann setzte er sich und begann seine Pfeife zu stopfen. Bofur starrte in die Sterne die hell und kalt am Himmel leuchteten und sagte leise: "Gott steh uns bei." Die finstere Gestalt, welche die ganze Zeit im Gebüsch kauerte und unbemerkt das Gespräch belauschte, schlich sich vorsichtig davon.

Das Klappern von Kochgeschirr weckte Bofur. Viel zu früh. Kandron kochte etwas das würzig roch, scharzer Farbe war und schmeckte wie die Socken eines Waldläufers. "Lieber hundert Orks als dieses Zeug nochmal trinken", dachte Bofur mürrisch. Aber wach machte es ungemein. Nach diesem mehr oder minder schmackhaften Frühstück machte sich die Gruppe zur Weiterreise bereit, was wie folgt ablief: Halfindel kämmte sich die Haare, Elanor stopfte sich die zweite Notration in die Kiemen, Bofur musste ständig in den Himmel sehen und Stoßgebete sprechen, Kandron kämpfte mit dem Muli und Radagast rang sich unternehmungslustig die Hände: "Auf, auf zu neuen Taten, meine Freunde." Auf drängen von Kandron verzichteten sie auf das Reiten und so schritten sie am Ufer des Bruinen entlang. Die Reittiere trotteten gemächlichen Schritts hinterher. Es herrschte drückendes Schweigen. Nur Bofur wurde von gelegentlichem Rascheln in der Uferböschung beunruhigt. Aber jedesmal wenn er sich schnell umdrehte verstummte das Geräusch und blieb für ein paar Minuten aus. Bofur behagte die Vorstellung nicht, daß jemand hinter ihnen herschlich und er seine Axt zuhause hatte. "Wie weit ist es noch bis Isengart?", nörgelte Elanor. Keiner schenkte ihr Beachtung. So zogen sie Richtung Süden und niemand sprach ein Wort. Die Mittagsrast verlief äusserst ruhig. Es gab noch nicht einmal Streit. Und Kandron schaffte es, die Stimmung durch sein exzellentes Mahl zu heben. Stumm schritten sie später weiter, bis sie zu einer verlassene Hütte am Uferrand kamen. Daneben spannte sich eine enorme Brücke über den Fluß. Da sie nichts anderes zu tun hatten, wollten sie sich die Hütte genauer anschauen. Als sie die verrottete Tür aufstießen kam ihnen ein faulig, modriger Geruch entgegen. Ein vergammelter Tisch, zwei alte Stühle und ein Strohlager. Das war die kärgliche Einrichtung der Behausung.
"Eine Fährmannshütte!", sagte Radagast. "Wahnsinnig interessant", kommentierte Halfindel gähnend. Bofur ließ sich auf eine klobige Bank in der Ecke fallen und wischte sich den Schweiß von der Stirn. Plötzlich tönte eine quäckende Stimme aus der Bank: "Wer da? Wer macht da so einen Rabatz?" Bofur sprang mit einem Satz von der Bank. Die anderen machten ein paar Schritte zurück. Bofur schnappte sich einen abgebrochenen Besenstiel der in der Ecke lag und näherte sich langsam der Bank. Dann schob er vorsichtig den Stiel unter die Sitzfläche und drückte sie beiseite. "Ha, ich hab's mir doch gedacht. Eine Truhe", stieß er hervor. Da lag etwas, in ein graurotes Tuch gehüllt. Sonst aber nichts. Langsam legte er den Besenstiel zur Seite, griff nach dem Tuch und mit einer schnellen Bewegung zog er es beiseite. Die anderen hielten den Atem an. Unter dem Tuch verborgen lag ein enorm großes Schlachtbeil, dessen Stiel über und über mit Runen bedeckt war. Das Blatt funkelte rotgolden und auf der Kopfseite war eine furchteinflößende Fratze, mit aufgerissenem Mund und feurigen Augen, eingegraben.
Und diese Augen starrten Bofur Mitten ins Gesicht. "Ho, ho, ho", gab die Axt von sich. Bofur klappte die Kinnlade nach unten. "Was?", brachte er hervor. "Endlich mal wieder jemand mit dem man sprechen kann, endlich mal ein Gesicht. Auch wenn es so hässlich ist wie deins. Aber was soll's. Ich bin..."
"...die Axt des Westens", vollendete Halfindel erstaunt den Satz. "Numm tut's auch. Nennt mich einfach Numm", entgegnete die Axt schnippisch. Diesmal fiel Halfindel die Kinnlade. Dann stammelte er: "Sie war ein Geschenk Gil Galads an Aldarion den Seekönig von Numenor. Aber Westernis ging unter durch die Gewalten Osses." "Stimmt", sagte die Axt, "ich wurde davongespühlt auf dem Rücken Ulmos und landete hier, bei einem alten Fährmann. Er war ein bisschen verdreht. Aber sehr lustig war er, und Witze konnte er erzählen. Ach ja, zum Beispiel den: "Kommen zwei Elben zum Schlachter..."
"Das wollen wir garnicht hören", unterbrach Halfindel.
Bofur mochte die Axt. "Gut", sagte er, "da sonst niemand mit dem Gerät hier umgehen kann werde ich sie an mich nehmen." Halfindel trat herrisch hervor: "Ihr werdet hier garnichts an Euch nehmen. Diese Axt ist ein altes Erbe der Elbenschmieden und es wäre eine Schande..." Weiter kam er nicht, denn Bofur hatte sich die Axt geschnappt und hielt sie mit dem Dorn voran dicht vor Halfindels verblüfftes Gesicht, wobei er grimmig hoffte der Elb würde eine falsche Bewegung machen. Doch der Elb presste die Lippen zusammen und zog sich hinter Radagast zurück. "Sonst noch irgendwelche Einwände", fragte Bofur drohend. Jeder im Raum begann in irgendeine Richtung zu sehen und mit den Füssen im Boden zu scharren. "Gut so", grinste Bofur. "He, he, ein Fachmann ist am Werk. Gut so", sagte Numm, die Axt aus Westernis. "Das wäre ja nun geklärt", versuchte Radagast zu vermitteln, "dann können wir jetzt auch weitergehen." Damit verließ er hastig die Fährmannshütte. Als sie wieder draussen waren sagte Bofur: "Ich werde hinten laufen." Das war Halfindel ganz recht und er entgegnete: "Und ich gehe ganz vorne mit euch werter Radagast."
Als Bofur hinter den anderen herlief hielt er sich die Axt vors Gesicht und sagte: "Also Numm, wie war das noch mit den zwei Elben..." Wieder schritten die Helden stumm dahin und manchmal wurde die Stille von Bofurs kehligen Gelächter unterbrochen.
Als es Abend dämmerte und unsere Truppe sich müde ihr Lager bereitete, begann Kandron Holz für das Kesselfeuer zu sammeln. Und erst als der zunehmende Mond schon hoch am nächtlichen Himmel stand, fiel den Wanderern auf, daß ihr Koch ein bißchen lange zum Holzsammeln brauchte. Besorgt machte sich Bofur in der Dunkelheit auf, um Kandron zu suchen. Lange durchstöberte er das Dickicht, aber ohne eine Spur des Menschen. Plötzlich hörte er schweres Atmen und leises Rascheln im Gebüsch vor sich. Bofur hielt die Luft an. Brennend heiß fiel ihm ein, daß er seine neue Axt im Lager hatte liegen lassen. Der Zwerg spähte mit zusammengekniffenen Augen in die Dunkelheit. Und ja, da kroch etwas langsam auf ihn zu. Bofur duckte sich und wartete sprungbereit auf eine gute Gelegenheit. Dann schnellte er vor und packte mit seinen kräftigen Armen das Wesen am Genick.
"Hiiiiilfe", schrie ihm seine Beute ins Ohr. Bofur ließ locker. Das konnte ja nur Kandron gewesen sein. "Wo warst du so lange", zischte Bofur den armen Kandron an. "Ich musste gestolpert und mit dem Kopf an einen Baum geschlagen sein", winselte Kandron. "Oh mein Gott." Resigniert trottete Bofur zurück ins Lager. Kandron folgte ihm geräuschvoll. Als sie das Lager erreichten stand Radagast besorgt da und rang sich zitternd die Hände. "Wo war er? Was ist passiert?", fragte der Zauberer. "Der Trottel ist über seine eigenen Füße gefallen", antwortete Bofur als er sich langsam auf sein Lager sinken ließ. Doch sofort schnellte er wieder in die Höhe. " Wo ist Numm. Wo ist meine Axt!", rief er drohend. Halfindel machte ein verblüfftes Gesicht: "Sie muss gestohlen worden sein." "Nein", quäckte die helle Stimme Numms aus der Dunkelheit, "Ich bin hier!" Bofur rannte auf die Stimme zu. Und entdeckte die Axt wie sie da an Halfindels Stute an einem Riemen hing. Bofur nahm die Axt in beide Hände und schritt langsam auf Halfindel zu. Dieser wurde kreidebleich und versuchte noch etwas zu stammeln. Doch beim Anblick der blutunterlaufenen Augen des Zwergen, der ihn wild anstierte, blieb ihm die Spucke weg. Doch dann krächzte er mit heiserer Stimme: "Radagast? Radagast!?" Bofur sah Radagast, der gerade einen Schritt nach vorne tat, wild an: "Laß ihn mir nur eine Minute Radag, nur eine Minute!" "Schluß jetzt", herschte Radagast den Zwergen an. "Und auch du Halfindel. Schluß jetzt!" Bofur ließ die Axt sinken und holte tief Luft. "Das war das letzte Mal, Elb", zischte er in Halfindels Richtung. Dann setzte er sich wieder und legte Numm neben sich auf die Decke.
"Wann gibt es endlich Essen", nörgelte Elanor.
Nach dem kargen Essen legten sich alle schlafen. Bofur steckte sich die Axt unters Kopfkissen und machte es sich gemütlich. Dann faltete er die Hände über der Brust und schloß die Augen. "Bof?", quickte Numm.
"Hmm?", brummte Bofur. "Will denn keiner Wache halten, Bofur?"
"Numm, die Zeiten haben sich geändert. Es herrscht Friede. Also gibt es nichts weswegen wir Wache halten müssten. Gut Numm?" Wieder quickte Numm mit kindlicher Stimme "Schon möglich daß Friede ist, aber was ist mit dem Kerl der uns die ganze Zeit hinterherschleicht?" Bofur packte die Axt und sprang auf. "Wo ist er Numm?" "In Richtung der zwei großen Eichen!", tönte die Axt. Bofur rannte, die Axt mit beiden Händen schwingend auf die Eichen zu und durchstöberte das Dickicht. Nichts. "Bist du dir sicher, daß hier jemand war?", fragte Bofur verzweifelt. "Er ist weg."
Am Morgen berichtete Bofur Radagast von dem Verfolger. Radagast machte ein finsteres Gesicht "Ich hätte es mir denken können, daß wir verfolgt werden. Bofur, das war eine wichtige Sicherheitsinformation. Danke." Damit drehte sich der alte Zauberer um und ging zu seinem Pferd. Bofur stand da und brummte: "Wichtige Sicherheitsinformation? Ich glaube wir müssen das selbst in die Hand nehmen, Numm!" "Ja, auf jeden Fall, mein Freund", quäkte Numm. Ohne daß noch einmal die Sprache auf den Verfolger fiel, reiste unsere Gruppe wieder ihrem Ziel entgegen. Bofur spähte verstohlen in die Böschungen und ließ die Axt nicht aus den Händen. Halfindel feilte sich die Fingernägel beim laufen, Kandron unterhielt sich mit Elanor über Numenorische Fischspezialitäten und Radagast unterhielt sich angeregt mit seinem Pferd. Wie immer war also jeder irgendwie beschäftigt. Aber der Morgen verlief, wie der gesamte Tag auch, vollkommen ruhig. Dies beunruhigte Bofur nur noch mehr.
Als das Nachtlager aufgeschlagen war ging Bofur noch einmal zu Radagast. "Wir sollten Nachtwache halten, Radag" "Oh ja", entgegnete Radagast, "nur, wen schlägst du vor?" Bofur schaute sich die anderen belustigt an. "Na ja, an Kriegshelden haben wir kein Überangebot, aber ich kenne keinen von denen richtig. Ich glaube du, als unser Führer, solltest die Wahl treffen." "Sehr richtig", sagte Radagast, "Ich glaube Halfindel ist der Kampferprobteste, ausser dir." Dann fügte er noch stolz hinzu: "Und natürlich mir." Dabei schwang er seinen Zauberstab durch die Luft und sagte: "Der Kerl kann ruhig kommen." Bofur hielt also die erste Wache und sorgte dafür, daß jeder seine Waffe griffbereit hatte. Elanor legte ein wunderschönes Kuzschwert neben ihre Decke, auf dessen Scheide verziert 'STICH' stand. Kandron packte einen, in grobes Tuch gehüllten, verrosteten Morgenstern aus und verkündete feierlich, daß es sich hierbei um ein altes Familienerbstück handele. Halfindel zog sein hell leuchtendes Langschwert aus der Scheide und schwang es professionell vor sich her. Bofur war beeindruckt. Soviel hätte er dem Elben nicht zugetraut. Radagast brauchte keine Waffen, war er doch ein mächtiger Zauberer. Während seiner Wache fragte Bofur öfters Numm ob er etwas spürte. Doch die Axt antwortete nur mit "Kaum", oder "Schwach." Die Unruhe wuchs in Bofur aber nichts geschah und schließlich weckte er müde Halfindel, legte sich hin und konnte kaum einschlafen als er sich in die Decke gehüllt hatte. Aber irgendwann schlief Bofur doch ein und träumte vom Ered Nimrais...
"AAlaaaaarrmm", quitschte die Axt neben Bofurs Kopf. Der Zwerg sprang behende auf, packte Numm und spähte in die Runde. Halfindel war eingeschlafen. Mit einem Tritt weckte Bofur ihn, sodaß er umfiel. Halfindel zuckte zusammen, starrte Bofur böse an, begriff aber sofort die Situation. Leise nahm er sein Langschwert und sah sich um. "Wo?", flüsterte er. "Wo, Numm?", flüsterte Bofur.
"Überall", gab Numm noch von sich als plötzlich eine Horde von dunklen Gestalten aus allen Richtungen aus dem Dickicht brach. Es mußte knapp ein Dutzend gewesen sein, alle mit Schwertern bewaffnet und mit Leder gerüstet. Zwei sprangen auf Halfindel zu, doch der Elb ließ sich fallen, rollte sich zur Seite und schlug beim Aufspringen einem der Angreifer das Schwert in die Seite. In einer flüssigen Bewegung drehte er sich um und stieß sein Schwert dem anderen tief in den Rücken. Beide brachen zusammen. Halfindel duckte sich und erwartete den nächsten Angriff. Bofur bekam auch Arbeit. Ein Angreifer führte einen beidhändigen Streich von oben gegen den Zwergen. Dieser riss die Axt hoch und fing den Schlag mit dem Stiel ab, sodaß die Funken nur so flogen. Dann stieß Bofur dem Angreifer den Stiel kräftig in den Magen, sprang zurück und ließ die Axt sausen. Er traf mitten auf die Brust und mit einem Lichtblitz hackte er durch die Rüstung, durch den Angreifer, wie Butter. Der Schwung hätte Bofur fast von den Beinen gerissen. Verdutzt sah er auf die beiden zuckenden Hälften des Toten und auf die Axt. Der Angriff geriet ins Stocken. Alle starrten auf die Axt. Halfindel, Bofur, der Rest der Angreifer. Dann ergriffen sie panisch und unter lautem Geschrei die Flucht. Der Zwerg stand nur breitbeinig da und schüttelte den Kopf: "Was war denn das eben, Numm?" "Ahh, das war herzerfrischend. Ein guter Streich.", sagte Numm nur und schwieg den Rest der Nacht, obwohl Bofur die Axt mit Fragen nur so bestürmte. Die anderen hatten von dem nächtlich Überfall garnichts bemerkt, und sie staunten nicht schlecht als sie die Leichen, die Bofur in der Nacht zusammengetragen hatte, entdeckten. Es waren alles Elben, mit etwas Wegzehrung und einer Karte. Sonst nichts. Verwirrt saßen unsere Helden nun da und wußten nicht was sie jetzt tun sollten. Da ergriff Bofur das Wort: "Wir werden also verfolgt. Diese Elben sahen genauso aus wie der, den ich vor meiner Hütte fand. Was hat das also zu bedeuten. Es hat noch jemand Interesse an dem Buch. Das steht jedenfalls fest." Radagast rieb sich nervös die Hände : "Aber wieso? Was könnten diese Elben mit dem Buch vorhaben?" Betretenes Schweigen. Bofur sprach weiter: "Wir sollten die Wachen verdoppeln, damit so etwas wie heute Nacht nicht noch einmal vorkommt." Dabei sah er böse zu Halfindel herüber. Dieser rutschte unbehaglich auf seinem Schlaflager hin und her. Die Truppe machte sich startklar und setzte ihre Reise nach Isengart fort. Wie immer waren alle bechäftigt, nur daß jeder das gleiche tat. Nämlich vorsichtig in die Umgegend spähen, die Waffe stets griffbereit. Numm tönte einmal dazwischen: "Ich glaube denen haben wir die Suppe gründlich versalzen, Bof, oder?" Bofur lachte grimmig: "Vielleicht, Numm, vielleicht."
Der Tag verlief ohne Zwischenfälle und die Spannung hatte sich gelockert. Es wurde gelacht und geschwätzt, ja es kam eine Art von Kameradschaft auf. Sogar Bofur sprach mit Halfindel und lobte ihn für seine Aktion mit dem Schwert. Das Nachtlager wurde wieder bereitet und die Wachen eingeteilt. Die Erste hielt Halfindel und Elanor, die Zweite Bofur und Kandron. Radagast hielt sich vornehm zurück und legte sich bald hin. Auch Bofur und Kandron gingen schlafen und so saßen nur noch Halfindel und die Hobbitfrau am Feuer und unterhielten sich leise...
Ein Geräusch weckte Bofur aus einem unruhigen Traum. Elanor stand wachsam am Feuer und hielt ihr Kurzschwert in der Hand. Halfindel war verschwunden. "Was ist los ?", fragte Bofur. Erschrocken fuhr Elanor herum. "Psst! Halfindel hatte etwas gehört und durchsucht jetzt das Dickicht", flüsterte sie. Bofur stand auf, nahm seine Axt und ging zu ihr. "Wo ist er lang gegangen, Elanor?" Elanor hob die Hand und zeigte auf eine Stelle im Gebüsch. Und da kam Halfindel mit einem Satz herausgesprungen und fiel dabei fast ins Feuer. Keuchend sagte er: "Da sind noch viel mehr als gestern. Vielleicht zwei Dutzend." Bofur zischte zu Elanor: "Wecke die andern!" Dann winkte er Halfindel und schlich gebückt in die Dunkelheit. "Wo Halfindel?" Der Elb zeigte mit seinen schlanken Fingern in eine Richtung und siehe, da lagen die Schurken auf dem Boden und krochen langsam aufs Lager zu. Bofur und Halfindel zogen sich leise zurück. Elanor, Kandron und Radagast standen beim Feuer und schauten besorgt. "Ein harter Brocken, ziemlich viele", stieß Bofur hervor, "aber wir werden vorbereitet sein. Halfindel und ich werden uns hier dem Kampf stellen, ihr werdet euch verstecken und den Buben in den Rücken fallen. Toller Plan was?" Damit setzte er sich ans Feuer und tat so als wäre er bei der Wache eingeschlafen. Halfindel tat es ihm gleich. Leise verschwanden die anderen in den Schatten der Dunkelheit. Gebannt lauschte der Zwerg in die Finsternis. Leise konnte er Halfindel atmen hören, und da setzte auch ein leichtes rascheln von Laub ein. Bofur spannte die Muskeln, bereit loszuschlagen. Ein Wind kam auf und die Blätter begannen zu rauschen, immer lauter. Der Wind wurde zu einem Brausen. Bofurs gesamter Körper spannte sich an, dann sprang er auf, schwang die Axt und schrie: " Jetzt Halfindel!!" Doch als er sich den Gegnern zuwandte, um sie anzugreifen, blieb er wie angewurzelt stehen.
Entsetzt erkannte er was nun vor ihm stand. Halfindel ließ das Schwert sinken. Da standen diese Kreaturen, in schwarze Lumpen gehüllt. Und in ihrer Mitte stand ein enorm großes Wesen. Pechschwarz, mit Löwenkopf, in der einen Hand eine Peitsche, in der anderen ein flammendes Schwert.
"Ein Balrog!!!", schrie Halfindel verzweifelt. Bofur sah auch die anderen drei Gefährten aus dem Dickicht stolpern und abrupt beim Anblick des Balrogs stehenbleiben. Bofur begann zu kochen, dann flüsterte er: "Gut Numm, den fällen wir doch genauso wie den Elb gestern. Oder!?!" Grimmig packte er die Axt, sodaß die Knöchel weiß hervortraten. Dann schwang er die mächtige Axt über seinem Kopf und schrie: "Khazad, Khazad!!!" Damit stürzte er sich auf den Dämon. Der Balrog brüllte auf und schlug mit seiner Peitsche nach dem tobenden Zwerg, doch dieser rannte brüllend weiter auf ihn zu. Die Peitsche traf Bofur am Arm, zerfetzte seine leichte Lederrüstung und riss ihm ein Stück Fleisch vom Arm. Mit einem Schmerzensschrei schlug Bofur zu. Der Balrog versuchte noch sein Schwert hochzureissen um den Schlag abzuwehren. Numm traf das Flammenschwert kurz überm Heft und unter einem lauten Donnern brach es ab. Mit geminderter Wucht prallte die Axt auf den Körper des Balrogs. Dieser schrie nach dem Treffer um so mehr auf. Dann ging alles ganz schnell. Durch den Mut des Zwergen angespornt stürzten sich Halfindel und die anderen auf die verdutzten Elben. Doch das bemerkte Bofur garnicht. Der Speichel rann ihm aus dem Mund als er wieder zu einem Schlag ausholte "Numm für Khazaddûm!!!" Wieder schlug der Balrog mit seiner Peitsche zu und traf Bofur beim Ausholen. Ein häßlicher Striemen zog sich über das Gesicht des Zwergen. Dann flog die Axt nieder doch der Balrog packte den stählernen Stiel mit seinen klauenbewährten Pranken. So verharrten die beiden Kämpfer, ringend, keuchend und langsam bog der Dämon die Axt zurück, drückte Bofur in die Knie. Geifernd ließ Bofur die Axt los und rammte mit aller Gewalt seinen Kopf in den Bauch des Balrogs. Dies hatte aber keinen Effekt und der Balrog schleuderte die Axt von sich, packte den Zwergen an den Armen und hob ihn vor sein Gesicht. Bofur begann zu schwitzen. Der Balrog brüllte auf und warf den Zwergen kraftvoll weg. Bofur krachte gegen einen Baum und blieb regungslos im Gras liegen...
Ein stechender Schmerz in der Brust weckte Bofur. Er lag in eine Decke gehüllt neben einem Baum. Die untergehende Sonne warf den Wald in ein rötliches Licht. Es war still. Bofur versuchte sich zu bewegen, doch das Stechen in der Brust wurde dadurch nur noch schlimmer. Bofur stöhnte auf. "Er kommt zu sich.", hörte er Kandron sanft sagen. Dann beugte sich das faltige Gesicht des alten Zauberers traurig über ihn. "Na du verrückter, alter Thor", sagte er freundlich und leise. Unter Schmerzen setzte er sich auf. Halfindel saß am Feuer und stocherte mit einem kleinen Ast in den Flammen. Neben ihm lag Numm im Grass und funkelte rötlich. Dann sah der Elbe auf und lächelte Bofur verzerrt zu.
"Was ist los?", stöhne Bofur. Radagast machte ein trauriges Gesicht: "Elanor. Sie hat es nicht geschafft." Bofur schwieg. Kandron sprach weiter: "Als der Balrog dich gegen den Baum geschleudert hatte, legte Radagast einen Bann auf ihn und sie rangen miteinander. Radagast brach schließlich der Schweiss aus und es sah aus als würde er verlieren. Da sprang Elanor hervor und ihr Schwert blitzte in der Nacht. Sie bohrte es tief in das verfluchte Fleisch dieser Bestie. Es mußte ihn schwer verletzt haben, denn er schrie fürchterlich auf. Doch dann packte er Elanor und hielt sie vor sich. Sie zappelte nur noch unter dem festen Griff und versuchte ihn nochmals zu treffen. Aber der Balrog nahm ihren Kopf in die Hand und drehte ihn einfach um, drehte ihn einfach so um, Bofur" Dabei brach Kandron in Tränen aus. Bofur blickte betreten zu Boden. Dann fragte er stockend: "Und dann?" Halfindel trat vor und sagte: "Eine Sekunde später bohrte ich mein Schwert bis zum Heft in seinen Rücken, aber ich war zu langsam gewesen. Für Elanor war es zu Spät. Die feigen Hunde flohen als sie sahen, daß der Balrog tot war." Damit setzte sich der Elb wieder ans Feuer und warf zornig kleine Holzstückchen hinein. "Das, das tut mir leid", stammelte Bofur. "Hier trink das." Kandron hielt einen Becher mit würziger Flüssigkeit vor Bofurs Nase. Artig trank er ihn leer und verzog das Gesicht. "Oh Mann, hast du da reingepinkelt?", fluchte Bofur. "Unserem Zwerg scheint es ja wieder besser zu gehen", lächelte Radagast.
Die Tage vergingen und Bofurs Zustand besserte sich allmählich, ohne daß die Verfolger sich noch einmal blicken ließen. In der ersten Vollmondnacht machten sich die Abenteurer wieder auf, nach Isengard. Elanor wurde begraben und Halfindel hatte Stich an sich genommen um es Sam Gamdschie in Groß-Hobbingen zu bringen. Von nun an legte der Elb sein Schwert nicht mehr aus der Hand und sann auf Rache.
So zogen sie also und bald erreichten sie den Zufluß des Mitheithel. Dort bogen sie nach Süden ab und reisten über die weit gestreckten Wiesen. Nach etlichen Tagen gelangten sie zum Glanduin. Weit im Osten ragten die hohen Gipfel der Nebelberge empor. Ehrfürchtig senkte Bofur den Kopf und gedachte den Zwergen von Moria. Dann sagte er zu Radagast: "Glaubst du, daß die Zwerge noch einmal Durins Fluch ausgegraben haben?" Der Zauberer antwortete aber nur scharf: "Sprich nicht von solchen Dingen!" Auf den langgestreckten Feldern war nichts von ihren Verfolgern zu sehen. Langsam wurden sie wieder heiter und ihre Niedergeschlagenheit verflog. Sogar Halfindel konnte man zuweilen lächeln sehen. Während den stillen Tagen ihrer Reise schloss Bofur mit dem Elben Frieden und man könnte sagen, daß eine Freundschaft begann. Bofur wollte den trübsinnigen Halfindel ablenken indem er ihm von den Hallen von Khazad-dûm erzählte. Und dies konnte Bofur Stunde um Stunde. Im Gegenzug erzählte Halfindel von Doriath und Melian und Beleg Langbogen, von Beren und Luthien, und von Turin Turambar. Er erzählte von den Schlachten in denen er mitfocht und dem Untergang der westlichen Lande. Und so vergaß er seinen Schmerz. Denn ein tiefes Band der Freundschaft verband ihn mit Elanor und dem Volk der Hobbits, die immernoch im Auenland lebten und ihren Geschäften und ihrem Geschwätz nachgingen. Die Tage verstrichen, Bofurs Wunden waren kuriert und Isengart nicht mehr fern. Bald stießen sie auf die große Nord-Süd Straße und reisten nun bequemer voran. Dort trafen sie, es war gerade Neumond vergangen, auf eine Händlerkaravane. Zu Bofurs Freuden waren es Zwerge. Freudig rief er aus: "Hoi, hoi. Bofur, mein Name. Zu euren Diensten." Die Karavane hielt an und der Händler stellte sich vor. "Minandil, zu euren Diensten. Möge euer Bart immer länger werden." Radagast mußte Bofur etwas bremsen, da er sich sofort mit dem Händler angeregt unterhielt. Nach langem Zwergenspecktakel kauften sie noch etwas Vorrat und verabschiedeten sich von Minandil. Bofurs Augen leuchteten: "Ein Händler von Moria. Das Reich beginnt wieder zu blühen."
Als die Abenddämmerung aufzog erreichten sie den äusseren Ring von Isengart. Radagast rieb sich wie immer die Hände. "Morgen werden wir die Gastfreundschaft des Orthanc geniessen." Halfindel sah besorgt auf, dann sagte er nachdenklich: "Und was dann?" Der Zauberer runzelte die Stirn. "Wir studieren die Archive und dann werden wir wissen was zu tun ist." Müde schlugen sie ihr vorerst letztes Lager auf und Bofur übernahm die erste Wache. Ihre Verfolger hatten sich seit dem Tod des Balrogs ferngehalten. Doch auch in dieser Nacht geschah nichts. Am frühen Morgen machten sie sich auf, die Pforte von Isengart zu erreichen. Als die Sonne den höchsten Punkt des wunderbar blauen Himmels überschritten hatte, fanden sie die Pforte des Turms von Isengart. Sie schritten den Weg, der von Sprößlingen des Weißen Baumes gesäumt war, entlang. Kein Mensch war hier zu sehen. Dies war ungewöhnlich, da der Turm zu Aragorns Lebzeiten wieder aufgebaut und als Archiv genutzt wurde. Dann fanden sie aber doch noch jemanden. Eine Wache lag mit ausgebreiteten Armen quer über dem Weg. Halfindel stürtzte hervor und drehte ihn um. Sein Gesicht war verstümmelt und schwarze Pfeilspitzen steckten in seiner Brust. Radagast wurde kreidebleich. Halfindel stand wieder auf und zog sein Schwert, wobei er sich aufmerksam umsah. Auch Bofur packte seine Axt fester und spähte in die Runde. Nach einer Weile sagte er: "Da muss jemand vor uns dagewesen sein." Sie hasteten weiter und fanden noch mehr erschlagenen Wachen. Schließlich kamen sie zum Orthanc. Wie ein drohender Finger erhob er sich schwarz aus der Erde. Und wie er hier in der Stille stand, verhieß er nichts Gutes. Vorsichtig stieß Bofur die Tür, die nur angelehnt war, auf. Selbst auf der Treppe lag eine Wache des Turms. Kopfüber war sie die Stufen heruntergefallen und starrte mit aufgerissenen Augen ins Leere. Seine Lippen waren grünlich verfärbt und lächelnd war er gewiß nicht gestorben. Bofur nahm dies stumm zur Kenntnis und stieg die Stufen hinauf. Halfindel folgte dicht hinter ihm. Sie kamen im unteren Archiv an und ein Bild der Verwüstung bot sich ihnen. Regale waren umgestossen, Aufzeichnungen zerrissen und verbrannt. Auch im zweiten Stock und im Hauptarchiv sah es ähnlich aus. Radagast rang sich nervös die Hände und sagte: "Wir werden hier nicht mehr finden wonach wir gesucht haben. Dessen bin ich mir sicher. Unsere Feinde haben gründliche Arbeit geleistet. Jetzt müssen wir nach Minas Tirith in Gondor gehen. Vielleicht werden wir dort noch finden wonach wir suchen. Wenn jemand jetzt umkehren möchte, so kann ich es ihm nicht verdenken. Ich werde allerdings auf jeden Fall weitergehen." Radagast drehte sich mit wehender Robe um und stieg die Treppen wieder hinab. Bofur sah Halfindel in die Augen und sagte grinsend: "Ich glaube wir müssen den alten Irren noch ein bischen begleiten." Halfindel lächelte und sagte sanft: "Das glaube ich auch, mein Freund."
Zu Kandrons entsetzen wollte nun niemand mehr auf das Reiten verzichten. Halfindel fand die Lösung. Er ließ Kandron auf seinem Pferd reiten und nahm das andere. Halfindels Stute trug Kandron federleicht. Wie der Wind ritten sie und passierten die Pforte von Rohan und die Furten des Isen am Abend noch. An der Reiterstraße zu Helms Klamm rasteten sie. Bofur rieb sich den Rücken und sagte:" Zwerge sind nicht als Reiter geschaffen. Ich glaube wenn ich das Pferd tragen würde täte mir mein Rücken weniger weh!" Radagast stand am Feuer und rieb sich die Hände. "Morgen Abend werden wir in Edoras ankommen. Dort kannst du in einem richtigen Bett schlafen. Ich werde König Eomer um ein paar schnellere Pferde bitten, sodaß wir den Ered Nimrais vielleicht in einer Woche umgangen haben." Bofur leuchteten die Augen. "Ered Nimrais? Könnten wir nicht über ihn hinüber reiten? Er ist meine Heimat, vor dem Ringkrieg. Ich hatte dort meine Kindheit verbracht." Radagast drehte sich zornig um. "Du Narr. Ich glaube nicht, daß wir auf einer Vergnügungsreise sind." Halfindel beugte sich zu Bofur herab. "Wenn unser Auftrag erledigt ist, werde ich mit dir dort hinreiten und deine Heimat besuchen, wenn du magst." Bofurs Augen leuchteten. "Natürlich, Hal. Ich werde dir die Grotten des Weißen Gebirges zeigen. Sie sind fast so schön und gewaltig wie die in Moria." Radagast schüttelte den Kopf.
Als die Sonne am nächsten Abend unterging tauchte sie die goldenen Hallen von Edoras in einen roten Glanz. Vom Tore wurden sie sofort zu Eomer, dem Herrn der Mark geführt. Dieser erhob sich von seinem Thron und eilte Radagast entgegen. "Ich grüße euch, werter Radagast und auch eure Begleiter." Sie setzten sich an einen langen Tisch und ein Diener brachte Wein und Gebäck. Radagast sprach eindringlich mit dem König über ihre Reise. Dieser machte ein verwundertes Gesicht. "Die Schatten Saurons waren lange. Wahrlich Radagast, ich werde euch die besten Pferde geben die meine Stallungen beherbergen. Doch zuerst lasst uns Speisen."
Während dem Essen sprach niemand ein Wort, waren doch die aufgetragenen Speisen zu köstlich, um sie durch Gerede kalt werden zu lassen. Nach dem Essen saß jeder zutiefst Zufrieden auf einem Stuhl und hielt sich den Bauch. Bedauernd, daß sie am nächsten Morgen schon früh wieder aufbrechen wollten. Eomer zog sich bald mit Radagast zurück und die anderen gingen schlafen. Als die Sonne aufging brachte man ihnen drei frische Pferde. Halfindel wollte sich von seiner Stute nicht trennen. So ritten sie die große Weststraße entlang. Stets in Eile. Und hielten wenig Rast. Bofur klagte über seinen schmerzenden Rücken. Nach drei Tagen überquerten sie die Fennmark und den Mering-Strom, passierten den Firienwald und kampierten in Calenhad, Erelas und Eilenach im Druadan-Wald bevor sie die Brücke von Osgiliath erreichten. Am selben Tage kamen sie nach Minas Tirith. Die Sonne verschwand schon hinter dem Schattengebirge als sie den ersten Ring der Stadt betraten. Eine Wache des Turms führte sie hinauf zum Sitz von Elessar, dem Elbenstein, König von Gondor, Erbe von Elendil. Dieser erging sich gerade im Garten der Häuser der Heilung und erfreute sich am Sonnenuntergang. Freudig war sein Gesicht als er Radagast erkannte. "Radagast! Was führt euch denn so weit in den Süden? Kommt setzt euch zu mir. Wer sind denn eure Begleiter. Euch kenne ich schon, Halfindel. Fürst vom Taur-En-Daedelos, des fernen Düsterwaldes." Bofur verbeugte sich tief und sagte ehrerbietig: "Bofur, Bofirs Sohn, Sohn von Bombur. Zu euren Diensten." Elessar lächelte und entgenete: "Möge euer Bart immer länger werden." Bofur strahlte. Dann trat Kandron hervor und sagte:"Mein Name ist Kandron, Kalahons Sohn." Elessar neigte den Kopf. "Es ist mir eine Ehre." Kandron wurde rot. Dann stand Elessar auf und sagte: "Sprecht denn nun. Was führt euch zu mir. Sicherlich kein Höflichkeitsbesuch, oder?" Radagast räusperte sich und rang mit den Händen. "Saurons Macht ist noch nicht gänzlich von Mittelerde verschwunden. Bofur hier fand ein Buch welches sein indirektes Werk ist und eine große Gefahr für uns darstellt. Wir ritten nach Isengart um in den Archiven Rat zu suchen, aber die Wachen waren alle tot, das Archiv verwüstet." Der König drehte sich um und sagte: "Ich weis." Radagast war Überrascht. "Woher, oh König wisst ihr das? Wir sind auf dem schnellsten Wege von Isengart hier her geritten." Elessar lächelte und sagte: "Aber Radagast. Ihr als Ratsvorsteher müsstet das aber wissen. Die Macht der Palantiri." Der alte Zauberer sah verstört zu Boden. "Ach ja. Die Palantiri hatte ich ganz vergessen. So wisst ihr auch mit wem wir es zu tun haben?" Elessar schüttelte den Kopf. "Nein. Der Wächter der Sehenden Steine sprach gerade mit Ekladon, dem Verweser des Orthanc als plötzlich der Kontakt abrach. Aber er konnte noch einen Schmerz auffangen, der ihm signalisierte daß etwas nicht stimmte. Wir wissen also genauso wenig wir ihr, werter Radagast." "So müssen wir also in den Archiven von Minas Tirith Rat suchen.", sagte Radagast. Elessar ging davon und sagte: "So lasst uns den Hüter der Schriften aufsuchen." Die Gruppe folgte dem König, der nach einiger Zeit vor einem großen, prächtigen Gebäude halt machte. Die Wachen traten beiseite und er schritt durch die Tür. Die Gruppe ging ihm hinterher. Elessar sprach mit einem jungen Mann, dieser nickte eifrig und rannte eine Treppe hinab. Einige Minuten waren vergangen, als ein alter gebeugeter Mann die Stufen hinaufgestiegen kam. Er stellte sich als Krombadal, Hüter der Schriften vor. "Ihr habt nach mir verlangt, mein König?" "Ja, meine Freunde hier suchen nach Aufzeichnungen betreffend der Bibel Saurons."
Krombadal sagte: "So folgt mir denn." Langsam stieg er wieder die Treppe hinab und sie folgtem ihm wie gehießen. Vor einer verstaubten Tür machte er halt und schloß sie auf. "Hier werdet ihr finden wonach ihr sucht. Und wenn nicht, so werdet ihr es nirgendwo finden." Dann ging er den Gang weiter und verschwand hinter einer Ecke. Der Raum war vollgestopft mit Schriftrollen und Büchern und losen Pergamenten. Bofur pfiff bei diesem Anblick durch die Zähne. "Na dann mal ran."
Halfindel studierte alle elbischen Aufzeichnungen, Kandron alle in Westron geschriebenen, Bofur die wenigen in Kazalith und Radagast übernahm alles was die anderen nicht lesen konnten, weil sie in einer längst vergessenen Sprache verfasst waren. Nach vielen Stunden saßen sie erschöpft beisammen und zogen Bilanz. Aber keiner konnte etwas über die Möglichkeit der Zerstörung des Buches herausfinden. Radagst war verzweifelt. "Wie sollen wir denn bloß wissen wie wir dieses unheilvolle Buch vernichten können? Eine Möglichkeit wüsste ich noch. Wir könnten Krombadal fragen. Er kann es vielleicht wissen. Als Hüter der Schriften weis er viel. Auf einen Versuch kommt es jedenfalls an." Sie suchten die Kammer von Krombadal und klopften an. Niemand antwortete. "Vielleicht schläft er. Es ist schließlich mitten in der Nacht.", sagte Halfindel. "Du hast Recht.", sagte Radagast, "Wir werden Morgen nach ihm schicken lassen."
Sie begaben sich ins Gästehaus und schliefen bald erschöpft ein. Am Morgen schickte Radagast als erstes einen Boten zu Krombadal. Doch als dieser nach geraumer Zeit nicht zurück kam machte Radagast sich selbst auf den Weg, Krombadal zu suchen. Er fand das Archiv in heller Aufregung. "Was ist denn hier los.", sagte er verärgert. Eine Wache antwortete ihm: "Krombadal, der Hüter, ist heute Nacht gestorben. Vermutlich vergiftet." Radagast rannte zu der Kammer und drängte sich durch die Wachen. Krombadal lag zusammengekrümmt auf seinem Bett. Seine Lippen waren Grünlich verfärbt und lächelnd war er gewiß nicht gestorben. Ein umgstürzter Becher lag auf dem Boden. Radagast wandte sich ab und eilte zurück zum Gästehaus um den anderen von dem Geschehenen zu berichten. Verzeifelt sahen sie sich gegenseitig an. Nach einer Weile sagte Radagast: "Ich glaube wir haben verloren. Wir werden nicht mehr herausbekommen wie wir das Buch vernichten können." Alle schwiegen und der Wind blies kalt durch das Fenster an diesem verfluchten Morgen.

- ENDE DES ERSTEN TEILS -