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DAS ELBENBUCH
TEIL ZWEI: Land Der Tränen
Radagast, Halfindel, Bofur und Kandron
saßen im Audienzsaal. Elessar stand ihnen nachdenklich gegenüber.
"Wer könnte noch etwas über das Buch wissen, fragt ihr mich?",
sagte der König. "Ich konnte mir schon nicht vorstellen, daß
Krombadal etwas wusste, aber noch jemand? Ich weiß es nicht." Halfindel
sagte: "Es müsste jemand sein, der schon ewig hier lebt und von allem
weiß. So wie Baumbart zum Beispiel." Elessar lächelte: "Baumbart.
Ich glaube der Kontakt zwischen ihm und Saruman war zu flüchtig, als daß
er etwas wissen könnte. Ich glaube noch nicht einmal Tom Bombadil weiß
etwas über das Buch."
"Wann wurde es denn überhaupt geschrieben? Saruman ist ja schon im
vorigen Zeitalter auf Mittelerde erschienen und dies dauerte schließlich
über dreitausend Jahre", sagte Kandron. "Das ist wahr, aber dem
Bösen verfiel er erst gegen Ende des dritten Zeitalters", entgegnete
Radagast. Halfindel lauschte angespannt der Diskussion. Dann erhob er sich bedächtig
aus seinem Sessel. "Ich glaube ich habe eine Lösung."
Alle Anwesenden starrten überrascht auf den großgewachsenen Elbenfürsten.
Halfindel sah nachdenklich an die Decke. "Ja! Grimbadil! Ein Teleri der
sich nach Ende des Ringkrieges nach Mordor zurückzog. Er ging mit den neuen
Wächtern nach Lithlad, der Aschenebene. Dort wurde ein Turm der Wacht am
Nûrnenmeer erbaut. Grimbadil war ein Gelehrter der Hochelben von Beleriand.
Und noch in den folgenden Zeitaltern war er ständig auf der Suche nach
neuen Erkenntnissen. Als der Orthanc zum Zentralarchiv von Gondor wurde, war
er der Leiter des Rates der zu entscheiden hatte, welche Aufzeichnungen dort
aufbewahrt werden sollten. Man sagt er habe fast alle Papiere gekannt die er
auswählte ins Archiv aufgenommen zu werden." Alle sahen Halfindel
erstaunt an.
Binnen Minuten waren sie aufbruchbereit. Elessar wünschte ihnen viel Glück
und so brachen sie noch am Mittag aus Minas Tirith auf. Sie waren noch nicht
lange geritten als Bofur sein stämmiges kleines Pferd zügelte. Dann
sagte er: "Wer könnte den alten Krombadal vergiftet haben? Nur der
König und seine Begleiter und die Bediensteten des Archivs durften in die
Kammer der Schriften!" Radagast sah Bofur scharf an. "Was willst du
damit sagen!" Bofur sagte: "Ich will damit sagen, daß wir es
mit einer gut organisierten Verschwörung zu tun haben, die überall
im Land Verbindungen hat. Selbst in der Stadt des Königs können diese
Leute ein und aus gehen. Vielleicht hätten wir noch die Untersuchung abwarten
sollen. Dann hätten wir wenigstens gewußt mit wem wir es zu tun haben."
Halfindel sagte: "Und was hätte uns das gebracht? Wir hätten
nur Zeit verloren. Zeit die unser Feind braucht um uns zuvorzukommen. Jetzt
sind wir am Zug. Es liegt bei uns schneller zu sein, Bofur." Damit gab
Halfindel seinem Pferd die Sporen und preschte voran. Die anderen jagten ihm
nach. Und erst als die Sonne schon weit im Westen lag bereiteten sie ihr Nachtlager.
Bofur saß abwesend am Feuer und starrte in die Flammen. Lichter tanzten
in seinen Augen. Die Pfeife, die er in der Hand hielt war ausgegangen. Radagast
redete leise mit Kandron, und Halfindel kümmerte sich um die Pferde. Dann
schaute Bofur langsam auf. Immernoch hatte er diese Leere in den Augen. Halfindel
kam zu ihm und setzte sich ans Feuer. "Na Bofur? So nachdenklich heute?"
Bofur schrak auf und lächelte den Elben an. "Ja Halfindel. Ich muß
immerzu daran denken wer eigentlich unser Feind ist. Der Drahtzieher, verstehst
du? Es gibt nicht mehr viele Elben in Mittelerde. Und wir werden von Elben verfolgt.
Kannst du dir denn nicht denken wer es sein könnte?" Halfindel sagte
nach einer Pause: "Ich weiß es nicht. Die Elben die wir erschlugen,
konnte ich keinem Stammbaum zuordnen." Bofur klopfte seine Pfeife aus,
stand auf und sagte: "Nun gut. Wir werden sicher bald wissen wer uns Übles
will."Halfindel sah besorgt auf. "Woher willst du das wissen?"
Bofur tippte mit dem Finger an seine Schläfe. "Ich habe so eine Ahnung,
Halfindel. Und die sagt mir, daß dein Schwert und meine Axt bald Futter
bekommen werden. Und dann werden wir Gefangene machen." Dabei lachte er
grimmig. Halfindel schlang die Arme um seine Beine und blickte in die kalt leuchtenden
Sterne. "Gut!"
Es war ein trüber Morgen und die Regenwolken hingen tief an diesem grauen
Himmel. Dicke Regentropfen klatschten auf die Erde. Radagast sattelte verstimmt
die Pferde die mit eingezogenen Schwänzen unter einer einsamen Fichte standen.
Der kalte Wind pfiff durch die Bäume. "Mordorwetter", bibberte
Kandron. Die Gruppe ritt stumm ihren einsamen Weg, ohne eine Menschenseele unterwegs
zu treffen. Gegen Mittag setzte der Regen aus und die hellen Strahlen der Sonne
blinzelten durch die aufgerissene Wolkendecke. Radagast sagte: "Bald werden
wir das Gasthaus von Cirith Ungol erreichen. Seht! Die geschleiften Mauern von
Minas Morgul!" Ehrfürchtig passierten sie die Mauerreste des einst
so mächtigen Turms der Wacht. Jeder von ihnen hing seinen Erinnerungen
an die alte Zeit nach und so bemerkten sie fast garnicht, daß sie das
Gasthaus schon erreicht hatten.
"Mordors Tor. Einen düsteren Namen hätte sich der Gastwirt wohl
nicht ausdenken können!", brummte Bofur.
"Was willst du? Dies hier ist doch das Tor zu Mordor", sagte Halfindel.
Und er hatte recht. Die hohen Felswände verloren sich in der weiten Ebene
welche die Düsterniss nun in unheilvolle Schatten tauchte. "Laßt
uns schnell hinein gehen und uns ausruhen", sagte Kandron fröstelnd.
"Wir werden dir ein Bier bestellen während du die Pferde im Stall
unterbringst, Kandron", sagte Radagast lachend. Kandron nahm die Pferde
und führte sie in die Stallungen. Die anderen betraten das Schankhaus,
aus dem lautes Gelächter drang. Sie setzten sich an einen Tisch der etwas
abseits stand und wurden von den gröhlenden Gästen kaum bemerkt. Nach
einer Weile kam eine fette Wirtin um ihre Bestellung aufzunehmen. Wieder verging
etwas Zeit und ihre vier Becher Bier wurden gebracht. Bofur sah sich grinsend
um. "Es tut gut sich mal wieder unters Volk zu mischen. Ich war viel zu
lange allein in meiner Hütte auf den Trollhöhen", sagte er. Halfindel
verzog das Gesicht. " Ich könnte schon darauf verzichten. Mir wäre
es lieber ich würde in der Halle des Feuers sitzen und einer sanften Ballade
lauschen. Aber nun bin ich hier und möchte dir nicht die Freude verderben."
Damit hob er seinen Becher, prostete Bofur und Radagast zu und nahm einen tiefen
Schluck. Der Zwerg tat es ihm gleich. Nach der dritten Runde Bier gröhlte
Bofur bei den Trinkliedern eifrig mit und auch Halfindel war geradezu hemmungslos
was das Benehmen betraf. Laut lachend hob Bofur wieder die Hand um eine neue
Runde zu bestellen als sein Blick auf das abgestandene Bierglas für Kandron
fiel. Sein Lächeln erstarrte. "Wo bleibt eigentlich Kandron?",
stieß er hervor. Halfindel setzte sich erschrocken auf und Radagast setzte
so heftig den Becher auf den Tisch, daß er überschwappte. "Verdammt!"
Sie sprangen auf und rannten zum Stall. Ihre Pferde standen unangebunden in
den Boxen. Und davor lag Kandron zusammengekrümmt auf der Seite und hielt
sich den Bauch. Halfindel kniete sich neben ihn und drehte ihn um. Kandron starrte
den Elben mit aufgerissen Augen an und versuchte zu sprechen. Aber er brachte
nur ein Krächtzen hervor. Über seine grünlich verfärbten
Lippen lief Schaum. Wieder verkrampfte sich sein Körper und Kandron schrie
auf. Dann erschlaffte er. Hilflos schüttelte Halfindel Kandrons Körper,
bis Bofur dem Elben sanft die Hand auf die Schulter legte und sagte: "Er
hat es überstanden. Es ist vorbei." Radagast stützte sich schwer
an einen Pfosten und schien älter und gebeugter denn je. Wutentbrannt sprang
Halfindel auf, zog sein Schwert und rannte nach draussen. Dann schrie er im
Zorn und in Trauer. Er schrie bis seine Kehle schmerzte. Dann setzte er sich
ins Geröll und schnappte nach Luft. Da hörte er Schritte und warf
sich ihnen mit dem Schwert entgegen. Aber es war nur Bofur, der ihm besorgt
gefolgt war. Halfindel ließ sein Schwert fallen und sackte in sich zusammen.
"Noch mehr Tote. Und immer noch mehr Tote. Bofur! Ich kann es nicht mehr
mit ansehen." Bofur stieß seine Axt in den Staub und flüsterte:
"Ja, ich weiß."
Die Aufregung in 'Mordors Tor' war groß als man den Leichnam entdeckte
und nur unter großen Anstrengungen gelang es Radagast die Meute zu beruhigen.
Der Wirt war dermaßen beunruhigt, daß die verbliebenen drei Wanderer
keine Unterkunft bekamen. So zogen sie hungrig und betrübt durch die Dunkelheit
Mordors. Selbst Numm schwieg. Nach einigen Stunden übermannte sie jedoch
die Müdigkeit und sie ließen sich in den trockenen Staub sinken und
schliefen ein. Nur Bofur versuchte noch wach zu bleiben und lauschte in die
Stille. Aber bald fielen auch ihm die Augen zu. Der Schrei eines Adlers weckte
Bofur aus seinem traumlosen Schlaf. Die Sonne stand noch nicht allzu hoch am
Himmel. Halfindel saß auf seiner Stute und blickte nach Osten. Seine klaren
Augen ruhten auf einem Punkt in der Ferne. Dann bemerkte er, daß der Zwerg
sich rührte. Er sagte: "Sie sind schon weit vor uns. Ich glaube sie
entkommen uns."
Bofur kniff die Augen zusammen und blinzelte in die Sonne. "Wenn du es
sagst, mein Freund. Dann lass sie uns verfolgen und wer weiß, vielleicht
erwischen wir sie. Aber dafür muß unser guter alter Radagast jetzt
aufstehen." Damit stieß Bofur den Zauberer in die Seite und bestieg
sein stämmiges Pony. Der Zauberer rieb sich den Schlaf aus den Augen und
sah den Zwergen fragend an. Dieser richtete sich im Sattel auf und sagte: "Mach
dich fertig Radag! Ich will heute noch jemanden rächen." Er drehte
seinen Kopf und blickte grimmig Richtung Osten.
Wie der Wind ritten sie über die trockene Ebene. In hohen Wolken zog der
Staub hinter ihnen her und legte sich wieder wie ein Tuch über die graue
Stille von Mordor. Doch bald waren Reiter und Pferde erschöpft. Und so
mußten sie notgedrungen rasten. Halfindel sah wieder angespannt in die
Ferne und grinste wild. "Wir haben sie schon etwas eingeholt. Bald werden
wir sie haben. Und dann...", dann zog Halfindel sein blitzendes Schwert
und hielt es gen Himmel, "...dann werden sie Fürst Halfindel von Taur-En-Daedelos
fürchten lernen."
Bofur schwieg und strich mit dem Daumen über das funkelnde Blatt seiner
mächtigen Axt. Sie führten ihre Pferde am Zaumzeug und gingen zu Fuß
ihrem Ziel weiter entgegen. Die Sonne war fast in ihrem Rücken untergegangen
und Halfindel bestieg sein weißes Pferd. "Genug getrödelt! Wir
müssen jetzt weiter."
Bofur hielt Halfindel am Bein und sagte: "Wir haben keine Elben-pferde.
Ich glaube wir sollten zuerst nächtigen bevor wir weiter-reiten."
Radagast nickte zustimmend. Doch Halfindel sah verächtlich auf die beiden
herab. "Was? Ihr wollt sie entkommen lassen? Was ist wenn sie weiterziehen?
Oder wenn sie jetzt lagern? Wir könnten sie überraschen. Wir könnten
sie fertig machen, mit einem einzigen Streich."
Bofur richtete sich auf. "Zu zweit? Du Narr!! Was glaubst du könnten
wir gegen sie ausrichten? Wir sollten Grimbadil suchen und ihn befragen. Aber
wir sollten unser Leben nicht in einem sinnlosen Kampf verschenken. Ich glaube
so wäre es Kandron auch am liebsten gewesen."
Halfindel schrie in Zorn: "Kandron? Du warst es doch der auf den Aufbruch
drängte. Wir konnten ihn noch nicht einmal beerdigen. Wir haben ihn bei
diesem Wirt gelassen und diesem Bauernpack. Ich werde jetzt reiten, für
Kandron. Mit oder ohne dich! Entscheide dich. Jetzt!"
Bofur warf Radagast einen kurzen Blick zu. Dieser sagte ruhig: "Halfindel!
Kühle dein Gemüt. Es nutzt niemandem wenn du jetzt Kopflos in die
Dunkelheit davonreitest! Der Preis den du vielleicht zahlen müsstest wäre
zu hoch."
Doch Halfindel riss sein Pferd an der Mähne herum und stellte sich dicht
vor den alten Zauberer. Dann flüsterte er verächtlich: "Schweig
alter Mann. Welchen Preis? Was kannst du schon ausrichten. Du hast dich während
des Ringkrieges in den Östlichen Wäldern versteckt und jetzt hast
du dir in Elronds Haus Speck angefressen. Was willst du mir sagen. Dummer alter
Greis."
Damit drehte er sein Pferd, warf nocheinmal einen kurzen Blick auf den Zwergen,
und preschte in die Dunkelheit davon. Als der Hufschlag verklungen war drehte
Bofur sich zu Radagast um und legte ihm die Hand auf die Schulter. Radagast
rang sich nervös die Hände. Dann sagte er: "Bofur. Reite ihm
nach. Versuche ihn zur Umkehr zu überreden und wenn er nicht mitkommen
will, dann hilf ihm. Ich werde hier auf euch warten. Keine Wiederrede! Ich komme
schon allein zurecht. Los jetzt." Bofur stieg auf sein Pony und band sich
die Axt wieder auf den Rücken. "Ich werde ihn mitbringen weiser Radagast.
Ich verspreche es." Dann ritt auch er davon und verschwand in der alles
einnehmenden Düsterniss. Radagast setzte sich bedächtig in den kalten
Staub und seufzte tief. Dann streckte er seinen linken Arm aus und betrachtete
sich ein 'E'-förmiges Mal auf dem Unterarm. Lange starrte er auf dieses
bläulich schimmernde Zeichen. Bis es ihm zu kalt wurde und er sich in eine
Decke hüllte und mit funkelnden Augen in die dunkle Nacht spähte.
Bofur versuchte sein Bestes. Doch er war eben kein Reiter und sein Pony hatte
allzu kurze Beine um die schnelle Stute Halfindels einzuholen. Er konnte sowieso
Halfindels Spur im feinen Sand kaum erkennen und so mäßigte er sein
Tempo und trottete der Spur langsamer nach. Wieviel Zeit vergangen war wußte
er nicht mehr als er schließlich Halfindels Pferd fand. Es stand einsam
und verlassen am Ansatz einer Sanddüne. Bofur glitt von seinem Pony und
schnürte die Axt vom Rücken. Dann schlich er auf das Pferd zu. Als
er ihm über den Hals fuhr spürte er wie heiß und naß es
noch war. Bofur spähte in die Runde, konnte aber den Elben nicht ausmachen.
Doch dann entdeckte er die Spur der leichten Füsse des Elben die sich die
Düne hinauf zog. Leise stapfte er die Düne empor und blickte über
den Rand. Unten sah er ein Lager von etwa zwanzig Elben. In ihrer Mitte brannte
ein kleines Feuer und eine Wache saß daneben und beobachtete aufmerksam
das Umfeld. Dann sah Bofur auch Halfindel. Er lag ausgestreckt, etwa Zehn Klafter
vom Lager entfernt, im Sand und kroch langsam darauf zu. Das Schwert hielt er
schon in der Hand. "Oh mein Gott", flüsterte Bofur in seinen
Bart. Dann ließ er sich geschmeidig die Düne hinabgleiten. Als er
unten war erkannte er, daß Halfindel den ersten Schlafenden erreicht hatte.
Er nahm das Ende der Elbenklinge in die linke Hand und setzte die Schneide an
den Hals des Schlafenden. Dann drückte er zu. Kein Laut drang aus der Kehle
des Opfers. Bofur dachte sich: "Für einen Elben benimmt er sich aber
ziemlich... aber was solls. Der Zweck heiligt die Mittel." Dann stand er
auf und rannte gebückt auf das Lager zu. Schon hatte er es erreicht als
die Wache ihn entdeckte. "Alarm!! Alarm!! Aufwachen!! Feinde!!" Der
schlafende Elb der Bofur am nächsten war schlug sofort die Augen auf und
sah den grimmigen Zwerg. Bofur sah wie der Elb nach seinem Schwert griff und
stieß zu. Der lange, spitze Dorn der Axt bohrte sich mit einem Krachen
in den Schädel des Elben. Dessen Glieder zuckten einmal und erschlafften
sofort. Bofur zog wieder die Axt aus dem Kopf des Toten. Und schlug kräftig
auf den nächsten Elben der sich seitlich von ihm zu rühren begann.
Dann stellte er sich breitbeinig hin, nahm die Axt mit beiden Händen und
blickte mit feurigen Augen auf seine Feinde, die sich vorsichtig um ihn herum
aufstellten. Doch keiner wagte den Zwerg mit seiner blutigen Axt anzugreifen.
Plötzlich stieß einer von ihnen einen Schmerzensschrei aus und blickte
verwundert an sich herunter. Die Spitze eines Schwertes ragte aus seiner Brust
heraus. Blut rann an der Klinge entlang und tropfte in den Sand. Dann sackte
er zusammen. Hinter ihm kam Halfindel mit dem Schwert in der Hand zum Vorschein
und trat einen Schritt hervor. Die Verteidiger verharrten und Bofurs Blick traf
die Augen von Halfindel. Sie leuchteten in einem hellen, kalten Licht. Dann
huschte ein Lächeln über das verzerrte Gesicht des Elben. Bofur lachte
laut los und schrie langezogen: "Khazad - dûm!!" Dann schwang
er seine Axt über dem Kopf und griff den nächst stehenden an. In seinem
Kopf dröhnte es und er schlug auf alles was sich bewegte. Töten, zerhacken,
zermalmen. Seine Gedanken konnten nichts anders hervorbringen. Er fühlte
das Blut durch seine Adern pochen und spürte kaum den Schmez wenn er getroffen
wurde...
Das erste was er wieder deutlich erkannte war die Sonne, die blutrot im Osten
aufging. Dann sah er Halfindel. Er stand zwischen den Leichen und hielt noch
immer das Schwert in der Hand. Sein Arm war bis zum Ellbogen mit Blut verschmiert.
Dann spürte Bofur den wilden Schmerz in seiner Seite. Eine Schwertklinge
hatte den Lederpanzer durchbohrt und steckte noch in Bofurs Fleisch. Der Zwerg
biss die Zähne zusammen. Langsam zog er die Klinge heraus. Der Schmerz
pochte durch seinen Körper. Er ließ sich in den blutgetränkten
Sand fallen und hielt sich die Seite. Halfindel eilte mit besorgtem Gesicht
auf ihn zu. "Bofur, Bofur. Mein guter Freund. Du wirst doch wohl nicht
schlapp machen wollen? Bofur!!" Bofur atmete schwer. "Mir wird kalt.
So kalt. Ich spüre meine Beine nicht mehr, Halfindel, hilf mir." Halfindel
kniete sich hin und nahm Bofur in die Arme. Dann drückte er ihn fest an
sich. "Was soll ich jetzt tun? Was soll ich denn jetzt tun?"
Bofur zitterte am ganzen Körper und Halfindel versuchte ihn warm zu halten.
Verzweifelt sah Halfindel um sich. Da sah er Radagast der die Düne hinab
ritt. "Radagast! Radagast! Schnell! Komm hier her." Radagast eilte
zu Bofur und fühlte seinen Puls. Bofur atmete jetzt nur noch schwach. Und
er konnte kaum noch die Augen offen halten. Sein Gesicht war aschfahl und seine
Lippen färbten sich grünlich. Als er zu sprechen versuchte spuckte
er weißen Schaum aus seinem Mund. Radagast stand langsam auf und blickte
bitter auf Halfindel nieder. Dieser starrte zu Radagast auf, drückte Bofur
an seine Brust und sagte: "Was ist? Willst du ihm nicht helfen? Hilf ihm
doch."
Doch Radagast drehte ihm den Rücken zu und flüsterte dann: "Das
ist der Preis deiner Rache." Halfindel senkte wieder den Blick und musste
mit ansehen wie Bofur von Krämpfen geschüttelt wurde. Dann hob der
Zwerg seine Hand und krampfte seine Finger in Halfindels Tunika. Sein Blick
verschleierte sich und glitt zur Seite weg. Halfindel schrie in Panik: "Booofuuur!"
Das war das letzte was Bofur hörte. Dann ward Nacht um ihn.
Halfindels Tränen tropften auf das friedliche Gesicht des Zwergen. Radagast
war wieder hinter der Düne verschwunden. Und der Elbe fühlte sich
so verlassen wie nie zuvor. Doch nach einiger Zeit versiegten Halfindel die
Tränen und er saß in stiller Kummer da und hielt den Körper
seines Freundes immernoch in den Armen. Dann bettete er ihn, legte ihm das mächtige
Schlachtbeil auf die Brust und wandte sich ab. Er lief über die Düne
zu seiner Stute und streichelte ihr liebvoll den Hals. Sein Blick fiel auf Radagast,
der neben seinem Pferd im Staub saß und ihn musterte. Mit gesenktem Kopf
schlich er zu Radagast hin und sagte: "Strafe mich nicht noch mehr durch
deine Blicke. Es tut mir leid was ich gestern gesagt habe." Doch Radagast
sah auf im Zorn und sprach: "Es sind nicht deine Worte, Fürst der
Elben! Es sind deine Taten und was daraus erwächst!" Damit senkte
er wieder den Blick und sprach an diesem Tag kein einziges Wort mehr. Der Elb
verscharrte die erschlagenen Feinde. Nur um sich irgendwie zu beschäftigen.
Dabei stellte er fest, daß zumindes vier Feinde entkommen konnten. Es
sei denn die Elben hätten ein paar Schlaflager mehr aufgebaut. Doch Halfindel
war es egal wieviele entkommen konnten. Auch der Auftrag, das Buch, war ihm
egal. Er mußte sich nur immer wieder zu Bofur umdrehen, der da leblos
auf einer Decke lag. Die Lippen grünlich verfärbt, den getrockneten
Schaum in den Mundwinkeln, der blutverklebte Lederpanzer, und die funkelnde
Axt von Westerniss. Dann trat er an den Zwergen heran und sagte: "Wahrlich!
Diese Axt hätte keinem besseren Herrn dienen können. Doch gegen Gift
und heimtücke konnte selbst sie nichts ausrichten." Die Axt begann
leicht zu vibrieren und ein leiser Summton entstand. Und Halfindel sagte: "Ja,
Axt von Numenor! Traure um deinen Herrn. Würdig war er dich zu führen."
Und das Summen wurde immer lauter, schwoll zu einem hellen Singen an, ebbte
zu einem murmeln ab und stieg wieder an. Halfindel hüllte sich in seine
Decke und schloss die Augen. Bilder der Vergangenheit tanzten in seinen Gedanken.
Bilder von Bofur der ihm an die Kehle springt, Bofur der ihm drohend die Axt
entgegen hält, Bofur der mit ihm gegen den Balrog kämpft, Bofur der
mit ihm im Wirtshaus zecht und lachend wilde Trinklieder singt. Plötzlich
schlug Halfindel die Augen auf. Irgend etwas stimmte nicht. Der Mond war schon
aufgegangen und die Nacht hüllte Halfindel ein. Was beunruhigte ihn nur
so? Er entzündete wieder das Feuer um sich daran zu wärmen. Und als
es munter brannte streifte Halfindels Blick Bofurs Körper. Wie angewurzelt
verharrte er. Die Axt hatte sich auf Bofurs Körper umgedreht und lag jetzt
mit dem Blatt direkt auf der klaffenden Wunde in Bofurs Seite. Ein pulsierendes
Licht entströhmte ihr in sanften Wellen. Das Summen war zu einem leisen
heulen geworden. Langsam kroch Halfindel auf allen Vieren näher. Da erkannte
er wie sich der enorme Brustkasten des Zwergen einmal kurz anhob. Halfindel
hielt den Atem an. Plötzlich bäumte sich der Zwerg auf, drehte sich
zur Seite und erbrach dicken, grünen Schleim. Halfindel stürzte auf
Bofur zu, legte den Kopf des Zwergen in seinen Schoß und wischte ihm den
Mund sauber. Das Gesicht von Bofur färbte sich tiefrot und er hüstelte
noch lange. Halfindel redete ununterbrochen auf ihn ein und sagte immer: "Bofur!
Komm Bofur! Du schaffst es mein Junge! Ja, alter Freund!" Halfindel lachte
hell auf und es rannen ihm wieder Tränen über die Wangen. Dann schlug
Bofur irgendwann die Augen auf. Sein Blick war noch in weite Ferne gerichtet
und er sah durch Halfindel hindurch. Aber langsam richteten sich seine Augen
auf das freudestrahlende Gesicht des Elben. Bofur flüsterte angestrengt:
"Halfindel?! Es ist so dunkel! Was ist passiert. Ich fühle mich so,
so weit weg."
Radagast musste immer wieder breit Grinsen als er auf dem Feuer eine würzige
Suppe kochte. Dann schüttelte er heiter den Kopf. "Diese Zwerge sind
schon ein merkwürdiges Volk. Nicht wahr Halfindel?" Halfindel saß
ausgestreckt im warmen, trockenen Sand und ließ den Wind durch seine hellen
Haare wehen. Dann drehte er den Kopf zu Radagast. "Es ist gut so. Radagast,
es ist nur gut so!" Der Zauberer beugte sich wieder über Bofur. Dann
kratzte er sich die weiße Mähne. "Aber was ich immer noch nicht
verstehe ist, warum sich seine Wunde so schnell geschlossen hat. Sieh nur. Es
ist fast keine Narbe mehr zu sehen."
"Was?!", sagte Bofur und schaute prüfend unter seine Decke, "Jetzt
kann ich niemandem mehr diese herrliche Narbe zeigen und von meinem Kampf gegen
die zwanzig Elben berichten. Oder waren es sogar Vierzig?"
Halfindel schüttelte den Kopf und sagte: "Sei froh, daß Mandos
dich wieder aus seinen Hallen gehen ließ." Bofur sagte: "Aber,
aber. Du weißt doch bestimmt, daß Mandos gar keine Zwerge in seinen
Hallen aufnimmt", dann grinste er verschmitzt, "und ich glaube das
war nur gut so!?"
Radagast und Halfindel lachten fröhlich und löffelten die Suppe. Nach
dem Essen stopfte Bofur seine Pfeife und streckte sich auf seiner Decke aus.
Dann sagte er: "Haben wir alle erledigt?" Halfindel zuckte die Achseln.
"Ein Paar sind uns entwischt. Und ein paar Pferde fehlen. Aber ich bezweifle
ob sie noch daran interessiert sind uns in die Quere zu kommen." Bofur
ließ einen großen Rauchring steigen der vom Wind langsam zerblasen
wurde. Dann befühlte er seine Narbe. "Ich glaube wir können Morgen
weiterziehen. Nicht wahr Numm?"
Die Axt die neben dem Zwergen lag sagte nichts. "Numm? Redest du nicht
mehr mit mir?" Wieder schweigen. Bofur nahm die Axt und legte sie auf seinen
Schoß. Das rotgoldene Blatt schimmerte grau und matt. Und die eingravierte
Fratze schien gealtert zu sein. Das glühen der Augen war erloschen. Bofur
wurde nervös. "Was hast du denn, bist du krank?" Ein leises Summen
entwich der Axt. Bofur stand auf und schwang Numm durch die Luft. Sehr schwerfällig
ließ sie sich nur noch führen. Dann hellte sich das Gesicht des Zwergen
etwas auf. Er ging zu den Pferden die den toten Elben gehörten und suchte
sich das kräftigste aus. Er hob die Axt mit beiden Händen über
den Kopf und schlug zu. Mit einem Donnern trennte er das Pferd in zwei zuckende
Hälften. Der Axt entwich ein schrilles pfeifen und dann schrie sie: "Jaaaaaaaa!"
Feurig rot glühten die Augen auf und das Blut des Pferdes wurde in den
Mund des Fratze gesaugt. "Herzerfrischend!", quäckte die Axt
nach einer Weile. "Guten Appetit", sagte Bofur.
Tatsächlich brachen die drei Gefährten am nächsten Tag auf und
Bofur pfiff vor sich hin als er auf seinem Pony saß und durch die trostlose
Landschaft Mordors ritt. Halfindel musste immernoch von Zeit zu Zeit den Kopf
schütteln und sich über den Zwergen wundern. Nach einer Weile hörte
Bofur auf zu pfeifen und sagte, wohl mehr zu sich selbst als zu den andern:
"Was wollen diese Schurken bloß mit dem Buch? Wollen sie etwa die
ganze Welt zerstören?" Halfindel runzelte die Stirn und sagte: "Ich
glaube nicht." Doch Bofur grübelte weiter: "Aber wieso wurde
es geschrieben? Zu welchem Zweck meine ich." Halfindel antwortete: "Die
Macht des Buches ist zweifelsohne gewaltig, aber ich glaube, daß diese
Macht eher passiv eingesetzt werden sollte."
"Passiv?" Radagast drehte sich im Sattel um und sagte: "Ich glaube
zu wissen was Halfindel meint. Derjenige der das Buch besitzt hat die Macht
die Welt zu zerstören. Aber er würde diese Macht nicht einsetzten.
Das wäre ja dumm von ihm. Auch die Anhänger der Finsterniss brauchen
eine Welt die sie terrorisieren können. Aber das Buch würde die Welt
auslöschen. Die Macht des Buches liegt in der Drohung sie einzusetzen.
Man könnte die Welt erpressen. Alle Völker wären in der Hand
des Erpressers. Er könnte fordern was er will. Opfer, Gold, Macht, was
du dir vorstellen kannst."
"Ja. Soetwas sähe Saruman ähnlich. Ich glaube du hast recht.
Aber wieso die Elben? Steckt dahinter vielleicht ein gestürzter Elbenfürst
der sich rächen will?", sagte Bofur. Halfindel sagte grimmig: "Ich
bin der letzte Elbenfürst auf Mittelerde, aber wer weiß was das Schicksal
in vergangenen Jahren angerichtet hat? Ein Dunkelelb der von der Macht des Buches
angezogen wurde? Aber ich will niemanden verdächtigen."
Bofur sagte: "Irgendwann werden wir einen von diesen Kerlen erwischen und
dann muß ich ein paar Antworten aus ihm herauskitzeln."
"Und ich glaube wir sollten von nun an jeglichen Kontakt vermeiden. Gerade
du, Bofur, solltest genug von voreiligen Überfällen haben.",
sagte Radagast bestürzt. Bofur grinste: "Genau richtig bemerkt, Radag.
Voreilig! Der nächste Überfall wird ruhig und bedächtig geplant."
Der Zwerg warf Halfindel einen hämischen Blick zu und dieser grinste breit.
Aber Radagast schüttelte den Kopf und raufte sich den Bart:"Zwerge!"
Die drei Gefährten ritten viele Tage durch die Trostlosigkeit von Mordor.
Und der heiße Wind verwehte bald die Spuren ihrer Pferde hinter ihnen.
So als seien sie niemals hier gewesen. Bis sie in weiter Ferne den Spiegel des
Nûrnenmeers schimmern sahen. "Bald werden wir den Staub der Aschenebene
von unseren Kleidern klopfen und dann wird unsere Mission ein Ende haben. Ob
mit Erfolg oder nicht wird sich noch herausstellen müssen", sagte
Radagast.
Nach wenigen Stunden kamen die Wanderer am Turme der Wacht vom Nûrnenmeer
an. Es war still und nur der pfeifende Wind zerrte an den geschlossenen Türen.
Radagast runzelte die Stirn als er abstieg und zum Tor ging. Er rief: "He
da! Ist jemand hier?" Als nach einer Weile niemand antwortete drehte er
sich wundernd zu den anderen um. Da öffnete sich das Tor knarrend und ein
junger Mann trat heraus. "Was wünscht ihr Wanderer?" Radagast
rang sich geschäftig die Hände und sprach: "Wir wollen zu Grimbadil,
junger Freund. Würdest du uns zu ihm bringen?" Der junge Mann schüttelte
den Kopf und sagte: "Er ist nicht hier. Grimbadil wohnt am Ufer des Sees,
etwa eine halbe Stunde wie der Rabe fliegt von hier, Richtung Osten." Er
zeigte mit der Hand den Weg. Radagast verbeugte sich leicht und sagte: "Ich
danke dir, junger Freund." Doch dieser zuckte mit den Achseln und verschwand
kopfschüttelnd wieder im Turm. "Merkwürdiges Volk hier",
sagte Bofur und kratzte sich den staubigen Bart. "Ach was soll's. Sie leben
hier so weit ab vom Rest der Welt. Ich kann es ihm nicht übel nehmen",
sagte Halfindel heiter. Radagast kniff mißtrauisch die Augen zusammen.
Nach einer knappen Stunde erreichten sie Grimbadils Haus. Es war an einen Hang
gebaut, der sich in den See neigte. Es wuchsen Sträucher und Bäume
hier und das leise Rauschen der Brandung stimmte jeden friedlich der sich hier
aufhielt. Ein leichter Wind kräuselte die Wellen als sich die drei Gefährten
dem Gebäude näherten. "Grimbadil, seid ihr zuhause?", rief
Halfindel. Als niemand antwortete gingen sie weiter und fanden die Tür
nur angelehnt. Bofur stieß entsetzt aus: "Nein! Nicht schon wieder!"
Mit einem Sprung war er durch die Tür und sah sich den Innenraum an. Ein
Tisch und ein Stuhl waren umgeworfen. Eine Schüssel mit Essen lag über
den Boden geleert. Bofur bückte sich und strich mit den Fingern durch das
Essen. "Es ist noch warm. Sie können noch nicht so weit sein."
Damit stürmte er aus dem Haus. Halfindel furchte die Stirn und sagte: "Wieviele
laufen denn noch von denen hier herum?" Sie entdeckten eine Spur von mehreren
Pferden und ritten ihr nach. Sie führte durch hügelige Landschaft,
Richtung Osten am See entlang. Nach ein paar Stunden, die Sonne war bereits
unter gegangen, erreichten sie eine Hütte. Die Fenster wurden vom fahlen
Licht einer Laterne erleuchtet. Es stand ein Pferd an der Hütte und trank
aus einem Trog. Bofur sprang von seinem Pony und zerrte die Axt von seinem Rücken.
"Hier mein Plan.", sagte er, "Die Tür eintreten, in den
Raum rennen und alles zerhacken was sich nicht ergibt!" Halfindel lächelte.
"Bofur, Bofur. Wie wäre es mit Diplomatie?" Radagast nickte eifrig:
"Ja! Ja! Diplomatie!"
Der Elb stieg bedächtig von seinem Pferd und ging auf die Hütte zu.
"Kommt mit." Er öffnete vorsichtig die Tür und betrat den
Raum. Ein Elb saß mit dem Rücken zu ihnen an einem Tisch und laß
im Licht einer Laterne ein Buch. Als er die Tür wieder zufallen hörte
drehte er sich langsam um und sagte freundlich: "Willkommen." Halfindel
kniff mißtrauisch die Augen zusammen und trat einen Schritt vor. "Wer
seid ihr? Was macht ihr hier?", sagte er. "Oh, das müßte
ich euch fragen", sagte der Elb freundlich, "Schließlich befindet
ihr euch auf meinem Besitz. Aber ich will nicht unfreundlich erscheinen. Mein
Name ist Grimbadil." Halfindels Gesicht nahm einen verblüfften Ausdruck
an. "Ooh, mein Name ist, äh, ich bin Halfindel, Fürst vom Düsterwald.
Dies ist Radagast, Leiter des Weißen Rats und dies ist Bofur, Bofirs Sohn.
Wir haben euch gesucht." "Nun ich glaube ihr habt mich gefunden. Was
wollt ihr denn von mir?"
Bofur trat hervor und sagte: "Eure Tür zuhause stand offen und der
Tisch war umgeworfen. Ein Teller mit Eintopf lag auf dem Boden. Was sagt ihr
dazu?" Grimbadil machte ein erstauntes Gesicht, aber dann lächelte
er wieder freundlich. "Das muß mein Diener angerichtet haben. Er
ist, wie soll ich sagen... krank. Aber ich glaube deswegen habt ihr nicht nach
mir gesucht. Richtig?"
"Richtig", sagte Radagast. "Wir suchen euren Rat. Ihr wart doch
Mitglied in dem Ausschuß der zu bestimmen hatte was im Orthanc aufbewahrt
werden sollte?"
"Ja das stimmt."
"Und man sagt ihr hattet Kenntnis von allen Schriften die ihr bestimmtet."
"Auch das ist korrekt", sagte der Elb etwas ungeduldig. "Gut.
Wir sind im Besitz der Bibel des Hexenmeisters von Angband und wollen wissen
wie wir sie vernichten können. Im Orthanc fanden wir keinen Rat. Das Archiv
war geplündert."
Grimbadil zog die Augenbrauen zusammen. "Eine Schriftrolle diesbezüglich
habe ich nie ausgewählt ins Archiv zu kommen." Die drei Gefährten
ließen die Schultern sinken. "Aber.", sagte Grimbadil nachdenklich,
"Ich habe Kenntnis von diesem Buch."
"Und ihr wisst wie man es vernichen kann?", sagte Radagast hoffnungsvoll.
"Ja", sagte der Elb, "Das ist ganz einfach. Ihr müsst es
nur verbrennen." Halfindel, Bofur und Radagast fiel die Kinnlade. "Was?",
sagten sie im Chor.
"Das Buch ist nicht auf magischem Wege hergestellt worden. Es ist mit normaler
Tinte auf normales Papier geschrieben und in normales Leder gebunden worden.
Nur der Inhalt ist besonders.", sagte Grimbadil amüsiert. Halfindel
schrie entsetzt auf. "Wir haben hunderte von Meilen zurückgelegt,
haben zwei Freunde verloren um das herauszufinden?" Wütend drehte
er sich zu Radagast um. Dieser hielt schützend die Hände vors Gesicht
und stammelte: "Woher sollte ich das wissen?" "Du hättest
es einfach ausprobieren können", zischte Halfindel. Grimbadil versuchte
zu vermitteln. "Nun da ihr solch eine lange Reise, von Imladris bis hier
her, hinter euch gebracht habt, sollten wir das Buch wenigstens stilvoll vernichten.
In einer Zeremonie."
Bofur war einem Tobsuchtsanfall nahe und knirschte mit den Zähnen. "Ja
Mann. Mach deine Zeremonie. Aber schnell!" Sie schlossen die Läden
und stellten eine silberne Schale in die Mitte des Raumes. Grimbadil füllte
sie mit einer gelblichen Flüssigkeit. Dann stellte er ein Metallgitter
darüber. "Jeder von uns wirft ein viertel des Buches auf das Gitter
über der Flamme die entzündet wird und spricht dabei die heiligen
Worte Erus aus. Wer möchte das Öl entzünden?"
Halfindel legte das Buch neben die Schale und sagte: "Bofur soll es tun.
Er hatte das Buch gefunden."
Grimbadil entzündete einen Holzspan an der Laterne und löschte sie
dann. Nur das flackernde Licht des Holzspans erhellte nun spärlich den
Raum. Bedächtig nahm Bofur ihn entgegen und beugte sich zu der Schale hinab.
Dann hielt er die Flamme in das gelbliche Öl. Mit einem grellen Lichtblitz
explodierte die Flüssigkeit und die drei Gefährten warfen sich geblendet
zur Seite, hielten sich die Hände vor die Augen. Dann hörten sie die
Tür zuschlagen und ein Pferd davon galoppieren. Fluchend rieb sich Bofur
die Augen, sah aber nur Lichter vor sich tanzen. Halfindel schrie: "Raus,
schnell raus! Wir sind getäuscht worden!"
Sie stolperten aus der Hütte und mußten feststellen, daß sie
nicht nur das Buch, sondern auch ihre Pferde verloren hatten.Bofur stieß
zornig den Stiefel in den Sand und keuchte: "Es ist aus."
- ENDE DES ZWEITEN TEILS -